Am kommenden Wochenende trifft sich der Football Nachwuchs in Berlin. Acht Landesauswahl Teams zeigen auf dem Maifeld im Berliner Olympiapark ihr Können. In der Division 1 spielen am Samstag 21.10.2023 Green Machine, Ham Jam und Mustangs:
Nordrhein-Westfalen Green Machine: der Favorit
Elf Mal hat die Jugendauswahl Nordrhein-Westfalens das Länderturnier bereits gewonnen, seit 2019 ganz ohne jeden gegnerischen Touchdown dreimal in Folge. Klar ist die Green Machine auch in Berlin 2023 Anwärter auf den Turniersieg.
Auf dem Maifeld präsentiert sich das Team mit einem proppenvollen Kader in der Maximalstärke von 55 Spielern. Aus elf verschiedenen Clubs kommen sie, mit 15 Akteuren ist nahezu die gesamte Stammbesetzung des amtierenden Vereins-Juniorenmeisters Düsseldorf Panther selbstverständlich dabei. Seit 2017 gewannen Vereine aus Nordrhein-Westfalen ununterbrochen die Juniorenmeisterschaft der Vereine.
Aber das ist erst die halbe Wahrheit. Denn dazu kommt, dass der gewählte Name GreenMachine auch auf den speziellen Charakter der Jugend- und Talentförderung in Nordrhein-Westfalen verweist. Offiziell heißt dies: Jeder führt seinen Part optimal aus und trägt so zum Erfolg des Ganzen bei. Daher der Teamname GreenMachine, der nach außen hin deutlich mit dem großen M im Logo symbolisiert wird.
Das von Andreas Kegelmann (u.a. Vizepräsident im AFVD) federführend entwickelte Gesamtkonzept ist aber eine wahrhaftige Maschinerie, die der AFCVNRW da in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat: In allen Altersklassen, auch für weibliche Spielerinnen oder im Flag Football, gibt es nicht nur die Auswahlmannschaften, sondern regelmäßige Sichtungen und gemeinsame Trainings, deren Höhepunkt zum Beispiel ein jährliches Football-Camp in Kroatien mit dann zuweilen mit über 300 TeilnehmerInnen ist.
Einziges Problem dabei: Partner für Freundschaftsspiele in allen Altersklassen zu finden, denn außerhalb Nordrhein-Westfalens ist europaweit kein Förderungssystem in ähnlicher Größenordnung im Jugendbereich zu finden. Mal ging es zu Begegnungen nach Wien, manchmal gab es Vorbereitungsturniere auf die Jugendländerturniere. Dieses Jahr lud man zum gemeinsamen Training mit abschließenden Spiel Hessen Pride nach Solingen ein und gewann mit 46:0. Vorausgegangen waren drei Sichtungen, es folgte der gemeinsame Trip nach Kroatien.
Nicht nur deswegen ist die GreenMachine bestens vorbereitet für Berlin. Die Spieler wachsen über die Altersstufen aus dem Kindesalter bis in den Juniorenbereich hinein, spielen über alle Vereinsrivalitäten hinweg über Jahre immer wieder mal zusammen. Betreut werden alle Altersstufen von großen Trainerstäben, die den Werdegang der jetzigen U19-Generation meist komplett verfolgt haben.
Head Coach Sascha Krotil bringt einen Staff mit nach Berlin, der nicht an den Fingern beider Hände abzuzählen ist. Allein, was die Coaches für die verschiedenen Positionen betrifft – Physios, Ärzte, Betreuer oder ein Mental-Coach sind da noch gar nicht mitgerechnet. Kein Wunder, dass die meisten Gegner die GreenMachine als die Maschine kennen, die über sie hinwegerollt…
Hamburg Ham Jam: der Tradition verpflichtet
Berlin und Nordrhein-Westfalen waren in den ersten Jahren des Jugendländerturniers die Zentren des deutschen Jugend-Footballs. In Berlin die Adler und die Rebels, im Westen die Düsseldorf Panther und die Cologne Crocodiles zählten in den 90er Jahren zu den allergrößten Vereinen und speisten die ersten Länderauswahlen mit massig Talent.
Doch die 90er Jahre waren auch das Jahrzehnt, in dem in Hamburg (und später in Braunschweig) größere Zuschauerzahlen im Bundesliga-Football der Männer mobilisiert wurden als bei den Traditionsvereinen anderswo. Auch tausende von Kindern und Jugendlichen fieberten so zum Beispiel im Volksparkstadion der Hansestadt erst auf den Tribünen mit und wollten später natürlich selbst spielen.
Die Hamburger Vereine wuchsen schnell, und es war passend, dass bei der dritten Auflage des Jugendländerturniers 1997 die Vertretung der Freien und Hansestadt die erste war, die in die Endspiel-Phalanx von Berlin und Nordrhein-Westfalen einbrechen konnte. Den Titel gewannen beim Finaldebüt von Ham Jam zwar dennoch die Berliner. Doch für die Hamburger war es der Start einer Serie von vier Finalteilnahmen in Folge – das blieb einige Zeit ein Rekord, wurde später nur von Nordrhein-Westfalen überboten.
1999 und 2000 holten die Hamburger den Titel mit Finalsiegen gegen Nordrhein-Westfalen und Hessen. Daran wurde seither nicht mehr ganz angeknüpft. Ihren Platz im Hauptfeld des Turniers behielten die Jungs von der Elbe aber stets, auch wenn dieser in manchen Jahren im letzten Spiel verteidigt werden musste. Gegen Hessen oder Rheinland-Pfalz/Saarland siegte man aber in all diesen Fällen.
2023 hat man wieder einmal starke Konkurrenz aus Nordrhein-Westfalen in der eigenen Gruppe am Samstag. Letztes Jahr gewann man gegen den großen Nachbarn Niedersachsen allerdings das Auftaktspiel mit 13:6 und konnte gelassen in das Spiel gegen die GreenMachine gehen. Gegen Bayern führten die Hamburger im Spiel um Platz drei zur Halbzeit noch, mussten am Ende aber mit Platz vier vorlieb nehmen. Da die Niedersachsen ihrerseits Fünfter wurden und Vorjahres-Erster, -Vierter und -Fünfter bei Jugendländerturnieren jeweils eine Division bilden, kommt es nun in Berlin zum Wiedersehen der identischen Vorjahresgruppe.
Zur Vorbereitung diente zwei Wochen vor dem Turnier schon ein Besuch des Teams in der Hauptstadt. Beim Michael-Porté-Gedenkspiel am 7. Oktober war dem Anlass entsprechend nicht nur das Sportliche im Fokus. Wenn ging es sowieso nur um das gemeinsame Testen – Berlin-Brandenburgs BIG EAST spielt um den Aufstieg ins Hauptfeld und kann beim Turnier selbst nicht Hamburgs Gegner werden.
Der 20:6-Sieg der Berliner Gastgeber dabei sollte nicht überschätzt werden, zeigte den Hamburgern aber schon, dass noch Luft nach oben ist. Für den einzigen Stadtstaat im Teilnehmerfeld der A-Gruppe muss es kein Nachteil sein, dass der Kader sich aus nur fünf Vereinen rekrutiert, das Gros eigentlich nur aus vier. Über die Hälfte der Hamburger Spieler, die nach Berlin reisen, trainieren auch außerhalb der Auswahl gemeinsam bei Jugendbundesligist Hamburg Huskies, der in der GFL Juniors dieses Jahr das Halbfinale erreichte.
Niedersachsen Mustangs: Höllenritt durch Berg und Tal
Jugend-Football spielt schon lange seine besondere Rolle in Niedersachsen. Ins Jugendländerturnier ritten die Niedersachsen Mustangs dennoch etwas später ein als die Vorreiter aus Berlin, Nordrhein-Westfalen und anderswo. Viele Vereine gibt es im Bundesland, die allermeisten davon in ländlichen Gebieten, was die Organisation von Jugendtrainings schwerer macht als in Ballungsräumen.
Umso höher einzuschätzen war der Triumph der Mustangs beim Länderturnier in Solingen 2017. Da hatte man nicht nur im Finale (28:16 gegen Baden-Württemberg), sondern auch in der Vorrunde mit Hamburg und Gastgeber Nordrhein-Westfalen mehrfache Titelträger der Jugendländerturniere davor (und danach) bezwingen können.
Es war die Krönung einer starken Phase von einigen Jahren, in denen man in den Gruppenspielen stets häufiger gewann als verlor. Begonnen hatte dieser Zeitabschnitt mit dem 64:0-Aufstiegssieg 2013 gegen Nachbar Bremen. Davor (und eben auch danach wieder) musste man jedoch mit dem Schicksal einer Fahrstuhlmannschaft leben, kämpfte sich aber immer wieder sofort ins Hauptfeld zurück, wenn es da zuvor den letzten Platz gegeben hatte.
2022 verlor man das erste Spiel gegen die Auswahl Hamburgs nur knapp mit 6:13, in der zweiten Partie hatte man gegen NRW weniger Chancen. Doch in einer bis zum Ende spannenden Partie konnten die Mustangs das Spiel um Platz f¸nf gegen Hessen mit 14:0 für sich entscheiden und bekommen es so dieses Jahr am Samstag in den Gruppenspielen wieder mit Hamburg und Nordrhein-Westfalen zu tun.
Was für einige auch persönlich direkt ein Wiedersehen wird, die Mustangs setzen in mehr als der Hälfte ihres Berlin-Kaders auf den ältesten zugelassenen Jahrgang 2005 und dessen Routine. Im Schwerpunkt spielt der Großteil der Akteure Vereins-Football in Braunschweig beim Jugendbundesligisten, in Hildesheim beim Nachwuchs des GFL-Aufsteigers bei den Männern und in der Landeshauptstadt Hannover, die sich als zentraler Knotenpunkt für Sichtungsmaßnahmen stets anbietet.
Doch auch aufstrebende Vereine wie aus Osnabrück und viele eben aus kleineren Ortschaften wie Lohne oder Delmenhorst oder aus dem Emsland sind mit hoffnungsvollen Nachwuchsspielern vertreten. Ein Triumph wie 2017 wäre sicherlich eine Sensation, aber Nachbar Hamburg im Gruppenspiel könnte eine machbare Hürde darstellen.
Quelle: AFVD